Was steckt in einem Gurtzeug an Technik? Die Basics.
VON GLIDERHUB.COM · 13. November 2014
Oder: welche Komponenten man vor der Auswahl seines neuen Sitzgeräts beachten kann.
In einem früheren Artikel haben wir auf eine Übersichtstabelle von Denis Möller hingewiesen,
die sämtliche Gurtzeuge auflistet. Diverse Nachfragen haben uns dazu
bewogen, mehr über die Details von Gurtzeugen zu erläutern.
Dieser Beitrag ist gedacht, Basiswissen zu vermitteln.
Generell gibt es drei verschiedene Typen
von Gurtzeugen: das Wendegurtzeug, das Sitzgurtzeug sowie das
Liegegurtzeug. Wir sprechen von rund 15 bis 20 Herstellern weltweit,
wobei einige Hersteller auch für andere arbeiten (z.B. hat Supair das
Skylighter von Sky ähnlich zu seinem Delight gestaltet).
Gurtzeugtypen
- Wendegurt: bei diesem Typ ist der Rucksack
gleichzeitig das Gurtzeug, oder umgekehrt. Zudem dient der Innenteil
beim Flug als Protektor (Airbag, siehe unten). Ein Vorteil ist,
keinen zusätzlichen Packsack verwenden zu müssen, was sich unter anderem
im Gewicht auswirkt. Nachteil ist die Nutzlosigkeit des Airbags bei
nicht ausreichendem Schliessen des Reisverschlusses sowie die fehlende
zusätzliche Schutzhülle beim Transport.
- Sitzgurt: dieser Typ ist die am weitesten
verbreitete Kategorie, mit Schaumstoff und/oder Airbag als
Protektor. Subkategorien sind normale Sitzgurtzeuge, Leichtgurtzeuge,
Tandemgurtzeuge sowie die Sitzgeräte für das Akrobatikfliegen.
- Liegegurt: dieser Typ wird primär verwendet, um
aerodynamischer fliegen zu können (tieferer Cw-Wert und somit weniger
Luftwiderstand bzw. mehr Leistung) und bei tiefen Temperaturen Schutz
vor der Kälte zu haben. Cross Country (XC-) und Wettkampf-Piloten
verwenden üblicherweise diese Art von Gurtzeug. Als Nachteil kann man je
nach Modell das Packmass sowie die mögliche seitliche Dynamik und somit
Torsion betrachten.
Protektor
Wenn es zum Schlimmsten, einem Absturz
kommt, ist oft der Gesässbereich der erste Körperteil, der den Boden
berührt. Je nach Verwendungszweck gibt es verschiedene Technologien und
Ausprägungen: Airbag, Airbag/Schaumstoff Kombination, Schaumstoff,
Luftbehälter aufblasbar, kein Protektor (z.B. bei Hike&Fly
Modellen). Ein Airbag verwendet den Luftzustrom, um Luft in einen “Sack”
zu blasen, der sich bei einem Zusammenstoss wieder verlangsamt
entleert. Der Schaumstoff schützt in jedem Zustand und dämpft durch die
Kompression. Dazu gibt es Mischformen, die den Airbag und Schaumstoff
kombinieren. Karpofly bietet neu aufblasbare Protektoren, also quasi einen Ballon im Gurtzeug. Die Testwerte
für diese neue Technologie sind gut. Die Risiken, ohne Protektor zu
fliegen, muss jeder Pilot und jede Pilotin selbst einschätzen.
Gurten
Wie der Name schon andeutet, kommt das
Gurtzeug vom Klettern bzw. Fallschirmspringen. Zu Beginn kaum mehr als
ein Klettergurt, erfüllt es heute mehr, als nur den Piloten unter dem
Schirm zu halten. Noch heute ist die Beingurte und damit das Verhindern
des Herunterfallens des Piloten die Primärfunktion des Gurtzeugs. Das
“GetUp” System verwendet eine einfache, das “T-Lock” System eine
zweifache Sicherung. Vom Grundsatz her ist das T-Lock System zu
bevorzugen, da es ein redundantes System ist. In der Konsequenz heisst
dies, dass der Pilot nicht wie beim GetUp System nur einen, sondern zwei Fehler machen muss, bevor es zu einem Herausrutschen aus dem Gurtzeug kommen kann. Der DHV weist in einem längeren Artikel detailliert auf dieses Thema hin.
Sitzbrett
Je nach Modell werden Sitzbretter verwendet
oder nicht. Ein Sitzbrett dient der Stabilität und Steuerbarkeit des
Gurtzeugs. Diesbezüglich geben wir nur einen Hinweis: testen und eigene
Meinung bilden, ob ein Brett erwünscht/notwendig ist oder nicht.
Gewicht
Wir Piloten tragen unser Material auf dem
Rücken, daher spielt nicht nur die Leistung sondern auch das Gewicht
eine Rolle. Hierzu muss sich ebenfalls jeder selbst eine Meinung bilden.
Ein Hike&Fly Pilot wird mehr Wert auf wenig Gewicht legen, während
der Wettkampfpilot das optimale (und somit oft sehr hohe Gewicht
inklusive Ballastfach) sucht.
Packmass
Hierzu sind leider kaum Herstellerangaben
zu finden. Für weit und oft reisende Personen dürfte dies jedoch auch
eine wesentliche Rolle spielen.
Fach für Notschirm
Für Wettkampfpiloten wird es obligatorisch
sein, zwei Notschirme bei sich führen zu können. Dies bedeutet entweder
zwei Fächer oder einen Front- und einen Seitencontainer. In jedem Falle
gilt es hier eine wesentliche Frage zu stellen: ist das Fach ausreichend
gross für meinen Notschirm? Denn wenn es schon zum Äussersten kommt,
soll der Notschirm das Gurtzeug auch verlassen können… Es lohnt sich,
beim Kauf auf diesen Aspekt Wert zu legen und sich von einer Fachperson
(nicht vom Apotheker) beraten zu lassen.
Die uns bekannten Hersteller von Gurtzeugen (alphabetisch): Advance, AVA Sport, Gin Gliders, Icaro Paragliders, Independence, Karpofly, Kortel, Ozone, Sky Paragliders, Skyline Flightgear, Skywalk, Sol Paragliders, Supair, Swing, Woody Valley.
Tags: TechnikSitzbrettProtektorSitzgurtLiegegurtWendegurtGurtzeug